Immer wieder kommt es beim Trailen zu Momenten, in denen auch ich als Trainerin von wilder Freude ergriffen werde. Heute zum Beispiel. Als Joschi mit locker erhobener Rute freudig auf seine Versteckperson zulief, wusste ich, wir hatten alles richtig gemacht. Denn Joschi wäre beinahe erst gar nicht in seinen Trail gestartet.
Der Soft Coated Weaten Terrier hat großen Stress mit Feuerwerksböllern. So kurz vor Silvester legen viele Leute leider schon los und lassen bereits in der Dämmerung erste Raketen hochgehen. Für Hunde wie Joschi eine Katastrophe: Die Knallerei löst panische Angst bei ihnen aus, lähmt sie oder erzeugt kopflose Fluchtreaktionen. An Gelassenheit oder konzentriertes Arbeiten ist da gar nicht zu denken. Und doch wollten wir es versuchen.
Joschi trailt mittlerweile sehr souverän, bleibt eng an der Spur und lässt sich auch bei kleineren Schwierigkeiten nicht entmutigen. Und da Nasenarbeit für Hunde etwas sehr Ursprüngliches, Geerdetes ist, kann es den Vierbeiner in einen entspannten Zustand versetzen - vorausgesetzt, die Anforderungen sind dem jeweiligen Trainingsstand entsprechend. Für Joschis Trail bedeutete das: ein spannender, etwas ungewöhnlicher Startpunkt, mehrere Richtungsentscheidungen mit alten Spuren darunter und eine Traillänge, bei der sich der Rüde eingrooven konnte. Die Versteckperson stand nicht sichtbar hinter einer Ecke, so dass Joschi allein durch die Geruchsspur hingezogen würde.
Um zu vermeiden, dass Joschi auf dem Weg zum Trailstart durch einen Böller gestresst würde, ging's direkt am Auto los. Und wie es nun mal oft so ist, geschah just in diesem Augenblick das Unvermeidliche: Ein lauter Knall ertönte, Joschi zuckte zusammen, doch seine Halterin blieb cool und brachte den Terrier sogleich zum Startpunkt. Sobald Joschi am Griff der Garagentür angerochen hatte, lief er los.
Erst sah es so aus, als sei der Rüde auf der Flucht und nicht auf einem Trail: flinker Laufschritt, aufrechter Gang, die Rute hing ganz unten. Aber er folgte der Spur, überquerte zielgerichtet die erste Kreuzung und bog richtig ab. Mit jedem Meter, den das Team gemeinsam lief, entspannte sich Joschi mehr. Sein Rücken wurde weich, seine Nase senkte sich mehr Richtung Boden, seine Rute erhob sich allmählich. Das flinke Tempo passte zu seinem Arbeitsmodus und wirkte nicht mehr gehetzt. Auf den letzten Metern schwang die Rute in typischem Trail-Wedel-Style, und als Joschi ankam, setzte er sich sogleich vor seine Versteckperson und wartete auf seine Futterbelohnung. Geschafft! Der Moment, der uns allen einen riesigen Kick gab!
Joschi ist seiner Angst buchstäblich davongelaufen. Aus dem Gefühl "Ich bin in Gefahr" wurde "Wir erleben ein Abenteuer". Eng gekoppelt an seinen Menschen - die Trailleine vermittelt hier Stabilität und Sicherheit, weshalb das richtige Handling enorm wichtig ist -, verwandelt sich beim Hund der hormonell bedingte Angst-Cocktail zu einem regelrechten Glückshormon-Rausch. Ein Gefühl, das auf dem gesamten Weg zurück zum Auto anhält. Mit erhobener Rute und federndem Gang marschiert Joschi neben seiner Halterin her. Jetzt geht's ihm viel besser.
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